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von grenzen und der hoffnung sie zu überwinden

Pohoří na Šumavě

es war herbst, ein freund und ich; wir steigen in einen bus, er ist genauso alt wie ich – vielleicht aus langeweile.

vier räder und viel kraft um z ufahren - (c) michael schrotter

und wir fahren mit dem bus, der genauso alt ist wie ich, an der grenze entlang. seltsam, du überschreitest sie, alles, wirklich alles ist konträr zu dem was du kennst. du überschreitest eine grenze und bist in einer anderen welt, unbekannt, faszinierend, eindrücke die zuvor nicht waren, die dich leben lassen, die dir kraft geben, wahrhaftig inspiration für mein leben.
so fahren wir dahin, im grenzland zwischen österreich und tschechien, suchend, findend was anders ist.

der blick aus der kirche, auf den ort der nicht mehr ist.
die begrenzte weite - (c) michael schrotter

der raum erfüllt vom lärm des motors auf dem wir sitzen, der bus, er ist so alt wie ich, kaum gesprochenes, das fahren noch echte handarbeit. wie in einer anderen zeit ist es, in diesem bus, der so alt ist wie ich. die vibrationen, der blick aus dem fenster, die landschaft, die an uns vorbeizieht, die zeit, die steht, unendlich erscheinend, wie in trance.
die eindrücke die ich in mich aufnehme, sie verändern mich, sie lassen mich fühlen, lassen mich teil haben an dem was hier war, was hier ist. es ist unbekannt, grau, leer und dennoch gibt es eine faszination, eine unberührtheit der wälder, bäume die geschichte haben, nicht nur 10 jahre, weit mehr. und sie erzählen, geben wieder ihre wahrnehmung aus vergangner zeit, sprechen eine sprache die mein herz berührt, die mich empfänglich macht für das was war, für das was ist. laden mich ein in kontakt zu treten.

es ist nur eine grenze, die wir überquerten. eine grenze, geschaffen aus angst vor dem verlust. eine grenze, die geschaffen wurde um zu bewahren, um zu beschützen, um das leben in sicherheit zu wissen – abgegrenzt von dem, was ich leben nennen möchte. das beschützen der ideologien, der eigenen werte, ohne einfluss des anderen. ein besitzen, ein klammern, ein festhalten aus angst vor dem teilen, aus angst sich dieser angst zu stellen.

es war nun leicht diese grenze für uns zu überwinden, sie ist viel sanfter, viel offener geworden als noch vor einigen jahren. eine grenze die es uns erlaubt, sie zu überschreiten, unseren horizont auszuweiten, auszudehnen, einblick zu nehmen, in eine welt die so anders ist.
ich bin dankbar dafür, dankbar dafür mir diesen raum nehmen zu dürfen, meine wurzeln, die in österreich liegen, hier auszubreiten, meine saat zu verstreuen. hier, in den nährboden des anderen, mein ich sein zu integrieren, zu verändern, was hier ist, mich verändern zu lassen, einfach um die begrenztheit des seins zu erweitern.

und wir fahren dahin, auf einer landstraße, links und rechts die bäume, die immer wieder den blick auf ein land freigegeben, das so anders ist. die wiesen, die wälder, die häuser und die menschen, alles hier, es wirkt so unbekannt, so unnahbar, so einladend es zu entdeckten. und ich nehme kontakt auf, lass mein herz die eindrücke erfassen, mache mich zum teil dieser gegend.

es wird nacht, ein platz zum schlafen ward gesucht. und zum schlafen decke ich mich zu mit den mannigfaltigen eindrücken, mit meinen wahrnehmungen, mit dem neuen, das ich kennenlernen durfte, einzig durch die überschreitung dieser grenze. inmitten eines waldes, voller stille, die erfüllt ist von geräuschen, die dieses land hier ausmachen. diese töne sie dringen in mich ein, lassen mich vibrieren, lassen mich die welt auf diese weise erfahren.

sanft erwache ich am nächsten morgen, geweckt durch diese töne, die mich durch die nacht begleiteten, verändert doch sind sie, auf eine seltsame art nehme ich sie war. verändert habe ich mich in dieser nacht, habe integriert, was zuvor so unbekannt, habe in mich aufgenommen, was teil dieser welt ist, was jetzt teil auch meiner welt ist.

ohne konkretes ziel setzen wir unser fahren fort, mit jenem bus, der genauso alt ist wie ich. der motor, er tönt, er übertönt was vorher wahrgenommen. doch in mir, diese bilder, diese töne, diese schwingungen aus dieser nacht – sie leben in mir weiter. und die welt, ich blicke sie mit anderen augen an. in mir erwacht das interesse an das hier gewesene, an die geschichte dieses landes, an den grund, die diese grenze notwendig machte zu existieren. in unserer ziellosigkeit erreichen wir einen offenen platz, eine ebene die sich meterweit erstreckt. inmitten dieses platzes, saftig grün, dennoch farblos, leer, einsam und unberührt.

wir rollen, auf holpriger straße, einem ort entgegen der verloren, einsam, unberührt wirkt. an der einfahrt in den ort erbaut sich diese kirche, die mich fesselt, in den bann zieht, die mein bedürfnis nach wissen über die geschichte dieses landes nährt. sie ist gezeichnet, hat narben ohne ende. das dach, es fehlt am größten teil des gebäudes. an der stelle wo früher die bewohner des ortes saßen, wo bänke dazu einladeten seinem glauben anzuhängen, da wächst jetzt gras. die mauern, sie verstehen es, den eintretenden das gefühl der größe noch zu vermitteln. was ist geschehen? wir betreten den raum, der noch überdacht ist, er eröffnet die hoffnung, den trieb diese kirche wieder mit leben zu beschenken.

der blick auf die kirche, oder auf die noch stehenden mauern
(c) michael schrotter
gebetsraum
(c) michael schrotter
die spuren der geschichte
(c) michael schrotter

mit einfachen mitteln, ein altar, ein kreuz, ein gebetsraum. die Geschichte, die schönheit, die vergangenheit sie ist noch sichtbar, verweist auf eine zeit, die einmal war. Es berührt mein herz, zu sehen, dass menschen nicht aufgeben, sie dem schicksal stolz trotzen.
diese menschen die noch geblieben, sie glauben daran, sie glauben an die wirksamkeit ihrer taten, sie glauben – denn sie geben nicht auf.

Ich trete ein in diesen raum voller leben und lasse mich berühren. es wird teil meiner selbst und mit dem bus, der so alt ist wie ich, fahren wir weiter ohne zu wissen was kommt.

Die Geschichte über diesen Ort könnt ihr in Wikipedia nachlesen – http://de.wikipedia.org/wiki/Pohoř%C3%AD_na_Šumavě

4 Gedanken zu „von grenzen und der hoffnung sie zu überwinden“

    1. der besitz,
      ich denke, es ist eine wurzel dessen, was ich die trennung von dem leben nenne. ich denke, wenn wir hoffnung oder würde besitzen, wir auch am leben vorbei gehen. hoffnung ist ein lebenselixier in uns, es durchdringt uns, fließt in uns – wenn wir sie besitzen wollen, so halten wir sie fest und das leben, der ausdruck der hoffnung stagniert in uns.
      also, alles liebe,
      michael.

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